Unterschied zwischen Bestandsschutz und Legalisierung
Bestandsschutz
(„Fuera de Ordenación“ / „Situación de Asimilado a Fuera de Ordenación“)
Der Bestandsschutz auf Mallorca (im Spanischen oft als „fuera de ordenación“ oder „situación de asimilado a fuera de ordenación“ bezeichnet) bedeutet, dass ein illegal errichtetes Gebäude oder ein Teil davon nicht abgerissen werden muss, weil die Frist für die Verfolgung des Bauverstoßes durch die Behörden abgelaufen ist.
Wann tritt Bestandsschutz ein?
- Verjährung: Nach dem balearischen Baurecht verjähren Bauverstöße in der Regel nach einer bestimmten Frist, die in den meisten Fällen acht Jahre betrug (für Bauten, die vor dem 31. Dezember 2017 errichtet wurden). Seit dem 1. Januar 2018 verjähren Bauverstöße auf ländlichem Boden (suelo rústico) auf Mallorca grundsätzlich nicht mehr. Das bedeutet, dass ein illegaler Bau, der nach diesem Datum errichtet wurde, niemals Bestandsschutz erlangen kann.
- Kein laufendes Verfahren: Es darf kein aktives Verfahren (Abbruchanordnung, Bußgeldverfahren etc.) gegen den Bauverstoß bei den Behörden anhängig sein.
Was bedeutet Bestandsschutz in der Praxis?
- Kein Abrissrisiko: Das Hauptmerkmal des Bestandsschutzes ist, dass die Gemeinde oder Baubehörde den Abriss des illegalen Gebäudes oder Gebäudeteils nicht mehr anordnen kann.
- Eingeschränkte Nutzung und Veränderung: Hier liegt die größte Einschränkung. Ein Gebäude unter Bestandsschutz ist zwar vor dem Abriss sicher, darf aber nicht legal verändert, umgebaut, erweitert oder modernisiert werden, die über die reine Instandhaltung hinausgehen. Für größere Reparaturen oder Renovierungen kann es schwierig sein, die nötigen Genehmigungen zu erhalten. Dies bedeutet:
- Kein neues Dach, wenn es die Struktur ändert.
- Keine neuen Anbauten oder zusätzliche Stockwerke.
- Oft keine neuen Fenster oder Fassaden, die die ursprüngliche Bauweise wesentlich verändern.
- Keine Genehmigung für die Installation einer Heizung oder anderer Modernisierungen, die eine Baugenehmigung erfordern würden.
- Keine Bewohnbarkeitsbescheinigung (Cédula de Habitabilidad): Bestandsgeschützte, ursprünglich illegale Bauten erhalten in der Regel keine neue Bewohnbarkeitsbescheinigung. Dies ist ein großes Problem, da diese Bescheinigung für die Vermietung (insbesondere touristische) und manchmal auch für die Anmeldung von Versorgungsanschlüssen notwendig ist.
- Schwierigkeiten beim Verkauf: Immobilien mit Bestandsschutz sind oft schwerer zu verkaufen, da viele Käufer Rechtssicherheit und die Möglichkeit zur Modernisierung wünschen. Banken können auch zögerlicher sein, Kredite für solche Immobilien zu gewähren.
- Keine touristische Vermietung: Bestandsgeschützte Immobilien können in der Regel nicht legal touristisch vermietet werden, da dafür eine gültige Bewohnbarkeitsbescheinigung und eine touristische Lizenz erforderlich sind, die nur legale Bauten erhalten.
Legalisierung („Legalización“)
Die Legalisierung ist ein Prozess, bei dem ein ursprünglich illegal errichtetes Gebäude nachträglich vollständig den geltenden Bauvorschriften angepasst und somit rechtlich einwandfrei gemacht wird. Dies ist ein deutlich umfassenderer und wünschenswerterer Zustand als der bloße Bestandsschutz.
Aktuelle Möglichkeit zur Legalisierung (Dekret 3/2024):
Die balearische Regierung hat ein neues Dekret (Dekret 3/2024) erlassen, das eine zeitlich befristete Möglichkeit zur außerordentlichen Legalisierung von Schwarzbauten auf ländlichem Grund bietet. Dies ist eine wichtige Entwicklung, da es Eigentümern eine Chance gibt, ihre Immobilien aus der „Grauzone“ des Bestandsschutzes zu holen.
Wichtige Punkte zur Legalisierung unter dem neuen Dekret:
- Zeitlich befristet: Der Antrag auf Legalisierung muss innerhalb eines bestimmten Zeitraums (oft 3 Jahre ab Inkrafttreten des Dekrets, mit gestaffelten Gebühren) gestellt werden. Nach Ablauf dieser Frist wird eine solche Möglichkeit wahrscheinlich nicht wiederkehren.
- Nur für ländlichen Grund (suelo rústico): Die Regelung betrifft ausschließlich illegal errichtete Bauten auf ländlichem Grund.
- Verjährung des Bauverstoßes erforderlich: Auch für die Legalisierung unter diesem Dekret muss der ursprüngliche Bauverstoß verjährt sein.
- Umfassende Prüfung: Der Antrag auf Legalisierung erfordert ein umfassendes technisches Projekt, das von einem Architekten erstellt wird. Es müssen alle Gebäude und Anlagen auf dem Grundstück berücksichtigt werden. Eine „Teillegalisierung“ ist in der Regel nicht möglich – entweder alles wird legalisiert oder illegale Teile müssen abgerissen werden.
- Kosten und Auflagen: Die Legalisierung ist mit erheblichen Kosten verbunden:
- Architektenhonorare: Für das Erstellen des Projekts.
- Gebühren und Steuern: Genehmigungsgebühren, Steuer auf Bauten, Anlagen und Bauleistungen (ICIO), sowie zusätzliche Gebühren, die sich je nach Zeitpunkt der Antragstellung erhöhen (z.B. 10% des Bauwerts im ersten Jahr, 12,5% im zweiten, 15% im dritten Jahr).
- Umweltauflagen: Es müssen Maßnahmen zur Verbesserung der Energie- und Wassereffizienz (z.B. neue Installationen, Solaranlagen), zur Reduzierung der Lichtverschmutzung und zur Implementierung geeigneter Wasserreinigungssysteme (Klärgruben) ergriffen werden.
- Anpassung an aktuelle Standards: Die legalisierten Bauten müssen den aktuellen Bau- und Sicherheitsstandards entsprechen.
- Verbot der touristischen Vermietung: Ein entscheidender Punkt ist, dass Immobilien, die im Rahmen dieses Dekrets legalisiert werden, dauerhaft nicht touristisch vermietet werden dürfen. Diese Einschränkung wird im Grundbuch eingetragen. Dies ist eine der wichtigsten politischen Zielsetzungen des Dekrets, um die Übernutzung ländlicher Gebiete durch den Tourismus einzudämmen.
- Eintragung ins Grundbuch: Nach erfolgreicher Legalisierung wird der neue, rechtmäßige Status der Immobilie im Grundbuch eingetragen, was für volle Rechtssicherheit sorgt.
Die Bedeutung des Unterschieds
Der Unterschied zwischen Bestandsschutz und Legalisierung ist immens:
- Bestandsschutz ist ein passiver Zustand, der lediglich vor dem Abriss schützt, aber die Entwicklung und den Wert der Immobilie stark einschränkt. Er ist ein „Duldungszustand“, keine vollständige Legalität.
- Legalisierung ist ein aktiver Prozess, der die Immobilie aus der Grauzone holt und ihr volle Rechtssicherheit und die Möglichkeit zu zukünftigen legalen Umbauten (im Rahmen der dann gültigen Vorschriften) verleiht. Die Ausnahme ist hier die touristische Vermietung, die explizit ausgeschlossen wird.
Für Immobilienkäufer und -besitzer auf Mallorca ist es daher von entscheidender Bedeutung, den genauen Status einer Finca zu kennen. Ein Rechtsanwalt oder ein auf Baurecht spezialisierter Architekt vor Ort sollte immer hinzugezogen werden, um die vollständige Legalität zu prüfen und die beste Strategie für den Umgang mit bestehenden oder potenziellen Bauverstößen zu ermitteln. Die aktuelle Möglichkeit zur Legalisierung bietet eine seltene Chance, Rechtssicherheit zu schaffen, sollte aber unter Berücksichtigung aller Kosten und Auflagen genau geprüft werden.